André Leons Welt - Meine zweite Woche...

Meine zweite Woche...

Die ersten Tage war ich ja auf der FIPS (Frühgeborenen Intensivpflege Station), doch bereits nach einer Woche durfte ich in die Kinderklinik umziehen, wo ich seither ein Zwei-"Bett" Zimmer bewohne. Hier sorgen sie nun dafür, dass ich kräftig zunehme...

Körpergröße: 40cm, Kopfumfang: 28cm

Ganz überraschend durfte ich schon heute Abend in die Kinderklinik umziehen! Dabei hatte ich mich gerade so schön auf der FIPS eingelebt... Sie haben hier in den letzten Tagen einige Neuzugänge bekommen, und weil ich der Fitteste bin, musste ich meinen Platz räumen. Dafür bekomme ich ab sofort ein 2-Bett Zimmer auf der H9. Allerdings hat der ganze Trubel verhindert, dass ich raus aus meinem Inkubator durfte – dabei hatte ich mich so darauf gefreut...

Erst hieß es, der Transprt käme um fünf, bis er dann endlich da war, dauerte es jedoch noch ganze zwei Stunden länger. Das Gute dabei war, dass bis dahin auch mein Papa in der Klinik angekommen war. So konnten meine Mama und mein Papa direkt hinter dem Krankentransport herfahren und mich in der Kinderklinik sofort in Empfang nehmen.

Ich war ganz tapfer, als sie mich zu meiner ersten Autofahrt abgeholt haben. Der Umzug in den Transport-Inkubator und der Weg durch die Gänge der Klinik war mir zwar nicht so ganz geheuer, und das habe ich auch recht deutlich und lautstark zum Ausdruck gebracht. Aber nachdem ich mitbekommen habe, dass meine Mama den Kinderarzt, der mich begleiten sollte, noch aus ihrer Zeit an der Uni kannte und Hans-Jürgen (so heißt er) mir während der Fahrt ganz lieb den Kopf gestreichelt hat, habe ich mich schnell wieder beruhigt.

Die erste Nacht in meinem neuen Zimmer war angenehm ruhig, und auch die Schwestern auf der H9 sind sehr nett zu mir. Sie haben zwar nicht so viel Zeit wie die Schwestern auf der FIPS, da sich jede von ihnen um mehrere Babys kümmern muss. Aber ich bin froh, dass ich jetzt erst mal meine Ruhe habe.

Als Entschädigung für den ganzen Trubel gestern durfte ich heute richtig lange mit Mama kuscheln. Neben meinem Inkubator steht hierfür ein extra Bett für uns ganz alleine. Das ist viel bequemer als der Liegestuhl auf der FIPS.

So ein Mist, jetzt müssen sie mir schon wieder einen neuen Zugang für meine Infusion legen – kann man denn nichts gegen diese empfindlichen Venen machen?! Wenn das so weiter geht, wissen sie bald nicht mehr, wo sie noch reinpieken sollen. So langsam habe ich echt keine Lust mehr. Und am schlimmsten ist, wenn die Schwester die alten Pflaster abmachen will – das kann ich gar nicht leiden. Hoffentlich kommt die blöde Infusion bals weg. Ich strenge mich auch ganz doll an, meine Milch zu trinken.

Zum Trost durfte ich jedoch wieder über zwei Stunden lang bei Mama kuscheln. Auf Mamas Bauch kann man auch viel besser schlafen als im Inkubator. Ob ich wohl auch bald ins Wärmebettchen umziehen darf wie mein Zimmernachbar?

Seit ich Mamas Milch zu trinken bekomme, nehme ich richtig fleißig zu. Die Schwestern sind so zufrieden mit mir, dass sie mir heute Abend sogar die Infussion abgehängt haben! Puh – endlich habe ich diesen doofen Schlauch los und werde nicht mehr andauernd gepiekt.

Übrigens, seit gestern sieht meine Mama ziemlich lustig aus: Sie hat anscheinend das Antibiotikum, das sie ihr in der Klinik gegeben haben, nicht vertragen: Überhall hat sie rote Punkte , die täglich mehr werden...

Ich habe einen neuen Freund zum Knuddeln bekommen, der mit mir zusammen im Inkubator schlafen darf: Sein Name ist Bommel und wir haben uns ganz doll lieb...

Meine Mama durfte mich heute ganz alleine wickeln – sie hat das so gut gemacht, dass ich dabei nicht einmal aufgewacht bein.

Heute habe ich zur Abwechslung mal mit Papa gekuschelt – fühlt sich etwas haarig an, ist aber auch ganz gemütlich. Nur meiner Verdauung ist noch nicht optimal – daran muss ich noch etwas arbeiten. Aber wenn man mir vorher den aufgeblähten Bauch massiert, klappt es meist auch mit den vollen Windeln. Alleine schaffe ich das jedoch noch nicht so richtig, da kann ich drücken, so viel ich will – es kommt einfach nichts raus...

Hättet ihr das gedacht: Ich bin noch keine zwei Wochen alt und soll schon an einer klinischen Studie teilnehmen. Da ich seit einigen Tagen schön brav meine Milch trinke, die Mama mir täglich frisch abgepumpt in die Klinik bringt, wollen sie untersuchen, wie gut ich damit wachse und wie ich mich im Verhältnis zu den anderen Frühchen (die keine Muttermilch bekommen) entwickle. Dabei soll ganz genau untersucht werden, wie sich die Milch zusammensetzt udn wieviele Kalorien ich so vertrauche. Außerdem bekomme ich zusätzlich speziel für meinen empfindlichen Frühchenmagen aufgespaltene Proteine, damit ich noch besser wachse. Das wird bestimmt spannend!

Übrigens, meinen ersten Hörtest habe ich mit Bravour bestanden. Dabei haben sie mir so ein komisches Gerät ins Ohr gehalten, das den von meinen Gehörgängen zurück geworfenen Schall misst. Ich msuste gar nichts dabei machen und konnte einfach weiter schlafen. Was es nicht alles gibt...